Ich habe mir lange überlegt, ob ich die Tour
durch die Schweiz nochmal versuchen soll. Aber man soll im Leben bekanntlich
nicht aufgeben, weil man sonst gleich verloren hat!
Also dachte ich mir, greife ich noch mal an, nachdem meine
Schweiz Tour im Jahr 2020 abrupt in Lausanne mit einem Sturz vom Fahrrad
endete. Also habe ich 2022 dort angefangen, wo ich 2020 aufgehört hatte, nämlich
in Lausanne. Nach drei Tagen endete die Tour. Der geneigte Leser kann also schon
etwas ahnen.....
Wie immer hatte ich die Vorplanung der Strecke
mit Hilfe des Tourenplaners von
Komoot gemacht. Der
Streckenverlauf
kann durch entsprechendes Anklicken
angesehen werden. Die Tour hatte eine Länge von rund 170 km. Die Tour dauerte vom
4. bis zum 8. August. Die Klammerangaben hinter den Orten sind Höhenmeter.
Das Wetter war durchgehend sonnig und warm.
1.
Tag: Zuganreise nach Lausanne
Entgegen der sonst üblichen Erfahrungen mit Zugreisen, insbesondere mit der
Deutschen Bahn, war die Anfahrt diesmal ausgesprochen angenehm. Ich hatte sogar
einen Fahrradstellplatz im ICE von Karlsruhe bis Bern bekommen und der
Verbindungszug von
Göppingen bis Karlsruhe war auch pünktlich. Der Anschlusszug von Bern nach
Lausanne war ohnehin kein Problem, Schweizer Bahn eben.
In Lausanne (526) hatte ich für meine eine Übernachtung wieder das Hotel
Marché gebucht. Sehr zentral und dennoch ruhig gelegen und mit weniger als
100 Fr. für Schweizer Verhältnisse ausgesprochen preisgünstig (Etagendusche). Den
Nachmittag verbrachte ich dann am Ufer des schönen Genfer Sees und sprang auch
öfters mal rein. Das dazugehörige Badefoto erspare ich dem geneigten Publikum. Zum
Abendessen ging es in ein weitgehend von jungen und kunterbunten Leuten
besuchtes, mexikanisches Restaurant am Place de la Riponne. Ich
fühlte mich so richtig schön an meine Studentenzeiten erinnert.
Genfer See
2.
Tag: Lausanne - Charmey 66 km 1008 hm
Hotel Lausanne
Am nächsten Morgen ging es dann los. Bis Vevey radelte ich
weitgehend am Genfer See entlang. Komoot
wollte
mich zwar einige Kilometer nach Lausanne links hoch in die Weinberge lotsen. Das sah ich aber überhaupt
nicht ein, zumal ich meinen Akku bzw. Strom für den eigentlichen Anstieg in die
Alpen sparen musste und keine Lust hatte, zwischenzuladen. Die Straße war nicht
allzu befahren und hatte oft einen Radweg und unten am See war es ohnehin
schöner. In Vevey sitzt übrigens die Konzernzentrale von Nestlé und wenn man aus
dem Ort den Berg hoch raus fährt, passiert man auch die ehemalige Villa Charly
Chaplins, die heute ein Museum ist. Über angenehme, kleine Nebensträßchen ging
es nun ständig bergauf bergab. Auf der Karte hatte es so ausgesehen, als ob man
bis zum Fuß des eigentlichen Passanstiegs bei Callier nur leicht hügelig fährt. Dem war aber keinesfalls so. Abends hatte ich dann mehr als 1000 Höhenmeter
zusammen-geradelt. Ich strampelte also durch die schöne Voralpenlandschaft,
passierte noch einige Städtchen wie z.B. Bulle und fuhr auch am Abfluss
des Lac de la Gruyére vorbei. Einige Kilometer weiter, kurz nach der
Schokoladenfabrik Callier (740) begann dann der lange Anstieg zum
Jaunpass. Der Akku war schon bedenklich leer, aber ich schaffte bis Charmey
(887). Es handelt sich um ein Bergdorf, welches einen sehr schönen Dorfkern mit
uralten, hölzernen Bauernhäusern hat. Mein Übernachtungshotel war das
Résidence-Hoteliére le Sapin. Hierbei handelte es sich um einen
ausgesprochenen "Edelbunker". Der Preis war auch edel, aber in booking com hatte ich nicht Günstigeres mehr gefunden und man gönnt sich ja sonst nichts :-).
Abends gab es noch einen kleinen Bummel durch den schönen Dorfkern des Örtchens und
eine Pizza.
3.
Tag: Chármey - Interlaken 80 km 1000 hm
Am nächsten Morgen ging es
dann richtig los. Der Anstieg zum Jaunpass stand an. Kurz nach Charmey konnte
ich noch zu
sehen,
wie ein Löschhubschrauber aus einem kleinen Stausee des Gebirgsbach rechts neben
der Straße Wasser
aufnahm, um einen offenbar am Berg
liegenden Waldbrand zu löschen. Einfach das
Video anklicken!
Bis zum Örtchen Jaun ging es durch das schöne Gebirgstal stetig aber noch
gemütlich bergauf. Ab Jaun (1015) begann dann der eigentliche Passanstieg
und meine Motörchen leistete mir wieder
gute Hilfe. Leider mehr allzu lange!!!! Mitten auf der Passstraße, der Pass
selbst war noch ein Stück entfernt, begann mein Motor Geräusche wie ein Traktor
von sich zu geben! Vor Schreck stieg ich schleunigst vom Fahrrad ab, schob ein
kurzes Stück und stieg wieder auf, wieder kam das komische Geräusch. Auch eine
kleine Pause änderte nichts mehr an diesen Problem. Ganz offenbar hat eines der
vielen Zahnräder im Inneren des Motors seinen Geist aufgegeben oder einen Teil
seiner Zähne verloren oder was auch immer.
Ich dachte wirklich, das darf doch nicht wahr sein! Ratternd schaffte ich es
schlussendlich bis hoch zum Pass (1508), aber meine Freude über den
erfolgreichen Aufstieg war doch deutlich getrübt.
Oben angekommen holte ich
erst einmal Luft, machte eine Brotzeit und versuchte trotz allem das eigentliche
wunderschöne Bergpanorama zu genießen.
Die Abfahrt auf der
anderen Seite über die Serpentinen hinunter ins Tal Richtung Spiez am
Thuner See war gigantisch und hat viel Freude gemacht. Komoot wollte mich
unten im Tal dann wieder
von
der Nationalstraße rechts oder links den Hang hoch über Feldwege weglotsen. Ich
habe das einmal auch kurz probiert aber schleunigst bleiben lassen. Denn kaum
ging es den Berg hoch, kam wieder das Traktorgeräusch. Die normale Straße war
nicht allzu befahren und so kam ich am späten
Nachmittag in Spiez (628) am See an.
Schon einige Kilometer vor Spiez hatte ich begonnen, Übernachtungsmöglichkeiten
abzutelefonieren, aber alles war dicht. Ich habe es dann in Spiez selbst bei
einigen Hotels probiert, aber wieder nix. Das Örtchen ist unten am See recht
idyllisch ansehen hat auch ein kleines Schloss. Konnte ich aber nicht wirklich genießen,
da ich in auf der Suche nach einer Übernachtungsmöglichkeit war.
Also radelte ich aus Spiez raus und fuhr den Tuner
See längs. Wunderschöne Landschaft! See mit Alpen halt! Aber ein Zimmer fand
sich auch in kleineren Orten entlang des Sees nicht.
Ich habe dann trotzdem am
frühen Abend eine Pause gemacht
und
bin in den See gesprungen, obwohl es etwas eingetrübt hatte.
Ein Anruf bei der
Jugendherberge in Interlaken West war dann erfolgreich und dort kam ich am Abend
glücklich an. Da keine größeren Steilstrecken zu bewältigen waren, blieb der
Motor friedlich.
Schloss Spiez
Interlaken (568) hieß früher einmal anders. Der Kunstname beruht darauf,
dass der Ort an der Aare zwischen also "inter" dem Thuner See und dem
Brienzer See liegt. Um zur JuHe zu kommen durchquerte ich praktisch den
ganzen Ort.
Es stellte sich heraus, dass es aus den Zeiten der Jahrhundertwende, also hier
zwischen 1800 und 1900, einige sehr schöne Grandhotels im klassischen Stil gibt.
Diese stehen aber in einem befremdlichen Kontrast zu einer modernen
gesichtslosen Bebauung des 20. Jahrhunderts und das ganze an der Hauptstraße
auch noch gemischt mit vielen Dönerbuden. Es gibt sicherlich schönere Städte in
der Schweiz als Interlaken.....
Die moderne Jugendherberge war hingegen einem Wucht. Zentral gelegen, Tiefgarage
auch für die Fahrräder, alles vom Feinsten und mit eigenem Wok-Restaurant,
welches morgens als großzügiger Frühstücksraum dient. Nach dem abendlichen
Frischmachen bin ich dann ein wenig durch das wie gesagt nicht so attraktive
Interlaken gebummelt. Als „Entschädigung" habe ich mir dann ein feines Essen,
Rinderfiletstreifen aus dem Wok, im
Restaurant der JuHe gegönnt.
4. Tag:
Interlaken-Brienzwiler-Brienz 30 km 537 hm
Am Morgen stellte sich mir
nun die schwerwiegende Frage: Mit defektem Motor weiterradeln oder in Interlaken
in den ICE einsteigen, der mich am Stück bis Karlsruhe gebracht hätte?
Ich
entschied mich dann für den Versuch der
Fortsetzung der Tour.
Der Sommer war einfach zu schön und die Berge zu grandios.
Ich hätte mir sonst vorgeworfen, es nicht wenigstens versucht zu haben.
Der Radweg ging nun allerdings nicht mehr direkt am Brienzer See längs.
Stattdessen ging es einige Kilometer nach Interlaken rechts hoch in den
Bergwald. Kein Problem, wenn der Motor funktioniert! Irgendwie ratterte er aber
vor sich hin und ich begann schon Mut fassen, als ich dann mitten im Wald einen
Platten hatte. Natürlich am Hinterrad! Vorne wäre es ja auch zu einfach gewesen!
Ich also Rat demontiert, neuen Schlauch eingezogen und mit dem Aufpumpen
angefangen. Aber siehe da: Die nagelneue aus Alu gedrechselte und nicht billige
Luftpumpe mit einem Manometer baute kein Druck auf. Auf die Idee, mit dem blöden
Teil einen Pumpversuch daheim vorzunehmen, war ich natürlich nicht gekommen. Ein
erster freundlicher Radler versuchte es mit einer CO2-Kartusche. Leider passt
das Ventil nicht. Wenig später kamen zwei ältere Herren vorbei und einer hatte
tatsächlich eine schlichte Plastikluftpumpe im Gepäck,
die auch funktionierte.
Weiter ging's und ich passierte den schönen Giesbachwasserfall. Anschließend
ging's dann runter vom Berg ins Aaretal bei Brienz.
Dort wurde erst mal eine Mittagspause gemacht, bevor es dann weiter ging und
zwar hoch nach Brienzwiler. Der nächste Bergrücken war zu bezwingen, um zum
Lungernsee zu gelangen. In Brienzwiler verließ mich dann endgültig
das Radlerglück. Der Motor begann wieder mit seinem Traktorgeräusch und meldete
sich dann endgültig ab. Auch eine Pause änderte nichts mehr an dieser bitteren
Tatsache.
Es half nichts! Umdrehen war angesagt. Glücklicher Weise
ging es bis Brienz nur bergab.
Im Seehotel Sternen, unmittelbar am See gelegen, fand sich eine einfache
und äußerst preiswerte Unterkunft.
Obwohl es Sonntag war, war der Schalter des
Bahnhofs dieses kleinen Örtchens besetzt, sodass ich meine Fahrkarte nach Hause
buchen konnte. Ich habe dies anerkennend gegenüber dem netten Angestellten
erwähnt. Einen solchen Service gibt es in Deutschland nicht einmal mehr in
kleineren Städten. Nur zur Info: Dieses Örtchen hat gerade mal rund 4000
Einwohner! Obwohl der Himmel eingetrübt hatte, gönnte ich mir zum Tagesabschluss
noch einen Sprung in den See.
5.
Tag: Heimreise mit dem Zug
Da mein Zug nach
Interlaken am nächsten Tag erst um ca. 14:00 Uhr losfuhr und die Sonne vom
blauen Himmel strahlte, verbrachte ich den Vormittag im Strandbad in Brienz. Als
"Henkersmahlzeit" gab es im Strandbadrestaurant ziemlich mäßige Spaghetti Bolognese,
dafür aber
typisch schweizerisch teuer, Aber das war mir dann auch schon egal.
Aufgrund des
ungeplanten Urlaubsabbruchs sparte ich ja unfreiwilligerweise viel Geld.....
Hotelblick auf den Brienzer See
Mittags ging es dann ab zum Bahnhof. Der Zug war pünktlich, was man von der
Deutschen Bahn ja nicht mehr gewöhnt ist und auch der ICE fuhr in Interlaken fahrplanmäßig los. In meinem Abteil stieg in Basel noch eine nette, junge
Anwaltskollegin ein. Sie lebt und arbeitet irgendwo im Rheinland und hatte
dummerweise ihren Freund aus Basel
bei einer Wanderung im Allgäu kennengelernt.
So etwas nennt man dann Fernbeziehung!
Tja, das war sie also, meine eigentlich schöne, aber
schon wieder unerfreulich stark verkürzte Tour durch die Schweiz.
Ich bin ja nun wirklich nicht abergläubisch. Aber ich werde wohl keinen dritten
Versuch starten. Die Schweiz mag mich wohl nicht....
Wer mir
etwas zu dieser Seite schreiben will, kann mir gerne eine
Email senden.
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